Das Hohelied Salomos ist sicher das ungewöhnlichste Buch der Bibel. Es ist nicht ganz klar, ob die hier beschriebene Liebe in direktem Bezug zur Liebe Gottes zu seiner Gemeinde steht oder ob es sich doch vor allem (bzw allein) um die Liebe zwischen zwei Menschen handelt.

Gleich zu Beginn lesen wir von der großen Liebe der jungen Frau und ihres Freundes. Sexuelles Verlangen klingt hier sehr klar durch. Dabei ist die Sprache sehr poetisch, was die Interpretation oftmals etwas schwierig sein lässt.

Manche Ausleger sehen hier eine direkte Verkündigung der Beziehung von Jesus zur Gemeinde. Aufgrund der sehr stark erotisch geprägten Sprache erscheint mir das aber etwas fraglich.

  • Ich denke es geht hier primär darum, uns zu zeigen, wie Sexualität und Ehe gelebt werden sollte. Es ist etwas Schönes und von Gott-gegebenes … aber es bedarf des richtigen Kontextes.
  • Aber natürlich dürfen wir dann auch wissen, dass eine gut geführte Ehe immer auch etwas ist, das letztendlich das Evangelium abbildet (Eph 5,22ff).

An manchen Stellen könnte man denken, dass das Paar hier schon recht intim wird.

Anderseits heißt es im Refrain des Briefs (zum ersten Mal in Kapitel 2, Vers 7) „Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hinden auf dem Felde, dass ihr die Liebe nicht aufweckt und nicht stört, bis es ihr selbst gefällt.“

Daraus lässt sich schließen, dass die Zeit für den „Vollzug der Liebe“ eben noch nicht gekommen ist.

  • Was sich hier auf jeden Fall feststellen lässt ist, dass Sexualität sehr positiv dargestellt wird. Das ist ja auch logisch, denn es ist Gottes Erfindung. Wir dürfen wissen, dass Gott in seiner Liebe zu uns, uns Menschen Sexualität als etwas sehr Schönes für die Ehe geschenkt hat.
  • Gleichzeitig lässt sich hier auch erkennen, dass die Triebe kontrolliert werden müssen, denn alles (auch die Sexualität) hat seinen Platz und seine Zeit.

Das Buch Hoheslied zeigt uns das und lehrt uns damit, wie wir die gute Gabe Gottes so kontrollieren sollten, damit wir sie nicht zur Sünde missbrauchen.

In Kapitel 3 ist wiederum etwas verwirrend. Viele Ausleger gehen davon aus, dass hier die Frau einen Traum beschreibt. Das macht aufgrund der Andeutungen in 3,1 (und dann nochmals in 5,2), durchaus Sinn („Des Nachts auf meinem Lager“ / „Ich schlief, aber mein Herz war wach.“)

Dieser Traum ist voller Verlangen, aber auch voller Sorge und Manches scheint sich zu vermischen und nicht so ganz zur Realität des Rests des Buchs zu passen … wie Träume eben manchmal so sind.

Dieser Traum ist weder das Gutheißen z.B. von vorehelichem Sex, noch sündig … es ist einfach ein Traum, der uns einen tiefen Einblick in das große Verlangen der Frau gibt … so verstehe ich dieses Kapitel zumindest.

  • Dieses Verlangen an sich kann eine Hilfe sein zu erkennen, ob man aktiv die Ehe anvisieren sollte. Denn der Apostel Paulus schreibt dazu: „Aber um Unzucht zu vermeiden, soll jeder seine eigene Frau haben und jede Frau ihren eigenen Mann.“ … „Wenn sie sich aber nicht enthalten können, sollen sie heiraten; denn es ist besser, zu heiraten als sich in Begierde zu verzehren.“ (1. Kor 7,2 & 9)

Nachdem am Ende von Kapitel 3 (Vers 11) vom Tag der Hochzeit die Rede, lesen wir in Kapitel 4, dass Salomo seine Freundin nun seine Braut nennt.

Während die ersten 7 Verse noch so klingen, als ob Salomo die Schönheit seiner Braut öffentlich rühmt, klingen dann die Verse 8-16 sehr intim. In sehr poetischer Sprache wird wohl gesagt, dass die Braut bei der Hochzeit noch jungfräulich war (sie ist ein verschlossener Garten, siehe Vers 12). Doch nun wird der Garten dem Ehemann zugänglich (Vers 16).

  • Damit zeigt uns dieses Kapitel, in welchen Kontext Geschlechtsverkehr gehört. Wer das liest muss sich doch danach sehnen, sich selbst zum ersten Mal am Hochzeitstag dem Ehepartner schenken zu können.
  • Da wo das nicht mehr möglich ist, gibt es Gottes Gnade … aber das ist immer nur der zweit-beste Weg, wenn es eben zuvor zur Sünde kam.
  • Gehorsam und damit voreheliche Reinheit ist der Weg wahren Segens und Glücks.
  • Und Gott lehrt das eben nicht nur mit „erhobenem Zeigefinger“, sondern in herrlicher poetischer und ganz positiver Form.

Im ersten Vers von Kapitel 5 lesen wir noch Worte Salomos, die wohl eher zu Kap. 4 gehören. Das klingt noch nach der sexuellen Einheit (in der Hochzeitsnacht).